Winterthur Marathon

24. Mai 2009 - Am Sonntag fand der 11. Winterthurer-Marathon statt und gleichzeitig war es mein persönlicher 11. Marathon. Freude herrscht!

Aber damit noch nicht genug. Eine Woche vor dem Anlass bekam ich die Startnummer zugeschickt und zwar keine andere als die Nr. 11. Und um noch eins obendrauf zu hauen, mein treuer Marathonfreund Gerry hatte die Startnummer 111 (wobei dies „noch“ nicht sein 111. Marathon ist). Wenn du jetzt denkst, das ist nicht möglich, siehe Fotos unten ;-). Als wir die Wetterprognose zwei Tage vor dem Lauf verfolgten, wurde uns bewusst, dass der Sonntag auch in punkto Hitze ein ganz besonderes Erlebnis werden wird. Es wurde so richtig heiss.

Piera, meine Frau und unser Sohn Elias (5. Monat) fahren schon am Samstag Abend nach Winterthur und übernachten im schönen Sorell Hotel Krone in der Innenstadt. Da Elias früh zu Bett geht, schloss ich mich ihm gleich an und geniesse den tiefen langen Schlaf.

Um 06:30 Uhr ist Tagwache. Elias hat Hunger und die Nervosität steigt förmlich. Das Zeitmanagement mit dem kleinen „Sonnenschein“ ist nicht mehr so berechenbar, Elias macht jedoch trotz fremder Umgebung prächtig mit. Die Laufutensilien habe ich am Vortag sehr sorgfältig gepackt und drei Mal kontrolliert. Monate habe ich für diesen Tag trainiert, bei Schnee, Regen, in der Nacht, respektive bei allen möglichen Bedingungen. Wenn der Marathontag naht, überlässt man nichts mehr dem Zufall. Und dann der Schock. Meine Pulsuhr Gramin Forerunner 401 mit GPS (geniales Teil) macht keinen Wank. Keine Anzeige, die Batterie ist leer. Ich habe die Uhr extra noch geladen zu Hause. Der benötigte Adapter ist in Luzern. Einen Marathon ohne Pulsuhr bin ich noch nie gesprungen. Ich kann es kaum glauben. Piera macht sich zu meiner Reaktion Gedanken und meint,  „jeder wird es verstehen, wenn du jetzt nicht rennst“. Es geht vor allem um die Gefahr, die Grenzen nicht zu spüren, und dies kann vor allem bei aussergewöhnlichen Bedingungen wie Hitze gefährlich sein. Ich trainierte nie ohne Pulsuhr. Jetzt gilt es auf das Gefühl, welches man sich im Training ja irgendwie aneignet zu setzen. Abzusagen kommt für mich nicht in Frage. Kleiner Wehmutstropfen, der Pulsgurt um die Brust ist jetzt überflüssig. So bin ich wenigstens ein paar Gramm leichter. Im Hotel nehmen wir noch ein kleines Frühstück zu uns und machen uns auf den Weg zum Startgelände.

Dort treffen wir auf Sonja und Gerry. Sie sind diesen Morgen direkt aus Luzern angereist. Der Himmel ist noch bedeckt. Auf dem Startgelände ist eine tolle Stimmung und alles ist gut überschaubar und gut organisiert. Auch für Elias ist es nicht zu laut und er trägt mit Stolz seine ersten Adidas Rennschuhe und ist auch begeistert von der sportlichen und fröhlichen Atmosphäre.

Punkt 09:00 Uhr starten wir mit den 281 Marthonteilnehmern (237 Männer und 44 Frauen). Die etwas über 1300 Halbmarathonis dürfen erst um 09:30 Uhr über die Startlinie rauschen. Dies empfinde ich als sehr angenehm, da sonst jene einem um die Ohren flitzten und man kann sich weniger gut orientieren am Tempo. Vor allem in meiner Situation ohne Pulsuhr und Tempoanzeige bin ich froh um diese verschobenen Startzeiten.

Jetzt bin ich darauf angewiesen, mich mit den Mitstreitern ein bisschen zu unterhalten, wenn auch nur im Smalltalk, um ihre Zeit und Ziele zu kennen und mich eventuell anzuhängen. Ja, dies ist meine Taktik, respektive Notlösung. Auch las ich mal in einem Bericht, dass Windschattenspringen sehr effizient sei. Es gibt keine bessere Gelegenheit dies jetzt zu testen. Ich richte mich jetzt voll nach meinem Gefühl und frage den einen oder anderen nach seiner Zielzeit, wie lange wir bereits unterwegs sind etc. Von unter 3 Stunden Zielzeit bis 3:45 Stunden bekommen ich alles zu hören. Nach gut 3 Kilometer kommen wir an die Töss und folgen einem schönen Waldweg auf Naturboden am Fluss entlang. Nicht optimal fürs Tempo, aber sehr schonend und vor allem im Schatten, denn die Sonne beginnt langsam durchzudringen.

Bei KM 5 im Waldstück treffe ich das 1. Mal auf unsere „Fans“ und Begleiter Piera, Elias und Sonja. Da der Winterthur-Marathon aus zwei gleichen Laufrunden à 21 KM besteht und wir diese Stelle 3 Mal passieren müssen pro Runde, sehen sie Gerry und mich total 6 Mal (siehe Plan im Anhang bei KM 5). Ein optimaler Standort, welchen wir vorher abgesprochen haben.

Bis zu diesem Punkt springe ich sozusagen nie alleine und habe immer wieder jemanden, an dem ich mich richten oder aufschliessen kann. Wobei ehrlich gesagt, das Aufschliessen nur die ersten 10 KM gelingt. Einer bietet mir sogar von seinem Wasser an, welches er in kleinen Flaschen um die Hüften trägt.. Ich kann es nicht annehmen, denn er tut mir leid, dass er dieses Gewicht mitschleppt. Dies zeigt die grosse Solidarität unter „Marathonis“.

Gut eine Stunde sind wir jetzt unterwegs und die Temperatur steigt und steigt. Die Sonne steht hoch am Himmel, prallt mit voller Stärke und wir rennen vermehrt an offenen Stellen Richtung Sennehof. Alle 4 KM folgen perfekt organisierte Getränkeposten. Mir ist klar, dass so viel wie möglich getrunken werden muss. Es kann entscheidend sein, dass man die 42 KM überhaupt schafft. Der Wasserverslust ist enorm bei dieser Hitze.

Bei KM 18, gegen den Schluss der 1. Runde, dann noch ein kurzer Aufstieg und langsam nähern wir uns dem Start/Zielgelände. Ich renne jetzt in der prallen Sonne und überlege kurz, ob ich überhaupt noch eine 2. Runde anhängen soll. Es wäre jetzt der richtige Augenblick unauffällig auszutreten. Nicht weil ich es mir nicht antun will, aber ich frage mich ernsthaft, schaffe ich überhaupt noch eine Runde?

Eine Lifeband ertönt und im Gelände und es hat einige Zuschauer, die anfeuern. Eigentlich schlecht jetzt aufzugeben. Ich frage einen Helfer nach der Zeit. „10:36 Uhr“. Somit habe ich immerhin noch eine Halbmarmathonzeit von 1:36,  rechne ich aus. Das hätte ich nicht gedacht, und bin demzufolge noch flott unterwegs gewesen auf der 1. Runde. Doch! Ich packe die zweite Runde. Mit dem Ziel, einfach irgendwie durchzuspringen.

Mein Tempo nimmt jetzt drastisch ab, aber da kommt ein „Windschattenkumpel“ wie gerufen von hinten. Dem hänge ich jetzt an. Es geht prima und ich konzentriere mich auf seinen Schritt und Tempo. Es vergehen wichtige Minuten. Im Waldstück ist es jetzt wider ein Bisschen kühler und ich kann mich sogar leicht absetzen. Beim nächsten Trinkstopp werde ich jedoch gleich wieder gnadenlos eingeholt. Es geht immer um Sekunden, die man hart gewinnt und schnell verliert. Um die viele Flüssigkeit bei den Verpflegungsposten runterzukriegen, muss ich jeweils kurz anhalten. Sonst gehen die 2-3 Becher à 2dl nicht sauber runter ohne zu verschütten. 9 Drinkstopps à 4 dl machen knapp 4 Liter Flüssigkeitsaufnahme. Dies "verdampft" sofort und ich habe keinen Toilettendrang. Mein neues Renndress von der Firma gesponsert (mit dem neuen Firenlogo) ist jetzt schwer geworden und total durchnässt, der Schweiss läuft einen nur so runter. Der Körper gibt inzwischen auch verschiedene (Warn)-Signale, bis hin zur Frage von oben: Wieso tue ich mir das an?

Rechts erblicke ich die Markierung "KM32“. Noch gut eine Stunde bis ins Ziel. Der Durchhaltewille ist mehr gefragt denn je. Ich konzentriere mich einfach irgendwie noch zu springen, Tempo ist nicht mehr relevant und Konzentration ist gefragt. Ich gebe, was ich noch kann. Die Kilometer purzeln und purzeln, wenn auch immer langsamer. Ich passiere die 40er Marke. Die letzten zwei KM sind die längsten und härtesten. Nach 3 Stunden und 30 Minuten bin ich endlich auf der ersehnten Zielgeraden. Auch Gerry läuft sozusagen gleichzeitig ein, obwohl wir ein getrenntes Rennen liefen. Mit dem Zieleinlauf werden wir dann für die Strapazen belohnt.

Durst, Durst. Der Becher wird im Minimum 10 Mal gefüllt und dies sind dann nochmals gut 2 Liter Wasser. Trotz den 6 Liter Flüssigkeit bin ich jetzt wahrscheinlich leichter denn je. Mehr als 10% der Marathonteilnehmer kommen nicht ins Ziel. Dieser Anteil ist hoch und auf die Hitze zurückzuführen.

Es war einer der heissesten Maitage seit vielen Jahren und in Winterthur kletterte das Thermometer gemäss Messungen auf über 31°C. Ich konnte mich mal für einen Wünstemarathon in der Sahara begeistern. Dies kommt für mich nach diesem Tage aber definitiv nicht mehr in Frage. Zwar bin ich sonst nicht super hitzeempfindlich, aber die Leistung ist doch stark beeinträchtigt und wenn man auf Zeit springt, leidet man doppelt.

Umso mehr genossen wir dann in der Winterthurer Innenstadt beim Pizzaweltmeister eine herzliche Mahlzeit und kühles Bier. Die nicht selbstverständliche Unterstützung und Support unserer lieben Frauen machte diesen Tag umso schöner und wertvoller.

Bei den Vorbereitungen für diesen Marathon griff ich auf Bewährtes zurück, und es brauchte 10 Marathons bis ich herausfand, was für mich optimal ist. So trainiere ich seit einem guten Jahr überzeugt mit dem www.vicsystem.ch. Ich halte mich an die von mir bestimmten 3 Trainingseinheiten pro Woche. Davon 2 Mal 16 Kilometer in individuellem Tempo und 1 Mal einen Longjogg von 20-32 KM. Mit diesen 60 Kilometer pro Woche komme ich körperlich sowie im Zeitpensum sehr gut durch und eine Marathonzeit um 3:15 bei guten Voraussetzungen ist damit realistisch. Schneller zu rennen bedeutet automatisch mehr Aufwand. In der Woche vor dem Marathon gilt auch genügend Schlaf, gesund essen, auf die Gesundheit zu achten und kein Alkohol. Magnesium Plus von Sponser ab dem vierten Tag vor dem Rennen und eventuell Basenpulver, oder einfach basisch ernähren. Zudem 5 Tage vor dem Rennen kein Training mehr. Vor allem auch nicht zu wenig essen. Das mit dem weniger Essen (oder zum Beispiel nur noch Salat essen) um noch auf ein Idealgewicht zu kommen funktioniert nicht. Kurz vor einem Marathon ist ausgewogene Ernährung wichtig.

Am Tag vor dem Marathon werden 4 Portionen Tomatenspaghetti „geschlätzt“ à 500g, sowie 4 Drinks Carboloader von Sponser. Wichtig ist, die letzten Spaghettis müssen um 19:00 Uhr schön zerkaut im Magen liegen. Damit habe ich wichtige „Stuhlgang-Garantie“ vor dem Rennen. Am Morgen vor dem Marathon kommt dann noch ein bisschen Weissbrot mit Honig dazu. Von den Liquid-Energy-Gels vor und während dem Lauf bin ich total weggekommen. Wasser und isotonische Getränke für den Salzhaushalt reichen mir völlig aus. Ich empfand keine Leistungssteigerung mit den Gels, ausser dass der Magen reklamierte. Wenn ich diese Punkte einhalte, bin ich bei einem Rennen immer um einiges schneller unterwegs als bei einem Training, mit gleichem Puls. Es erstaunt mich jedes Mal von neuem, und dies gibt mir Vertrauen und Sicherheit, vor allem auf den bevorstehenden 12. Marathon Alpinmarathon in Zermatt anfangs Juli. Dann ist das Duzend voll.

Hier gehts zur Berichterstattung von Gerry: http://www.physio-luzern.ch


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