4. Lucerne Marathon

31. Oktober 2010 - Anfangs September genoss ich mit meiner Familie die verspäteten Sommerferien im Süden Italiens, in Apulien, ganz unten am "Absatz". In dieser wichtigen Trainingsphase für den 4. Lucerne Marathon hoffte ich vor Ort auf geeignetes Gelände für die inzwischen längeren Trainingseinheiten.

Der kinderfreundliche Robinson-Club "zwang" mich sozusagen zu täglichen 20km-Läufen, da die drei Mahlzeiten an den verführerischen Buffets schlicht unwiderstehlich waren. Alle Desserts zu probieren war meine Pflicht. Die Gegend machte zwar in dieser Jahreszeit bereits einen verlassenen und leeren Eindruck, aber dies schmälerte die Schönheit nicht. Einzig die herrenlosen und streunenden Hunde verschafften mir in den "tiefen" Olivenbaumplantagen Respekt. Vor allem, wenn Sie bellend auf mich zurasten. Nicht selten erschrak ich und hatte das Gefühl, jetzt werde ich gleich "aufgefressen". Ich sorgte jedoch vor und mein Ultraschallgerät, welches immer dabei war funktionierte perfekt.

Trainingsrouten in Apulien, Italien, ausgehend jeweils vom Robinson Club:
20km südlich, nach Lido Marini
20km nördlich, nach Posto Rosso
20km nach Ugento

Bei der Zielzeitplanung für den 4. Lucerne Marathon nahm ich die Kilometerzeiten vom Vorjahr und zog pro Kilometer 3 Sekunden ab was, dann eine Zeit von 3:08h gab, und rechnete auf der anderen Seite 4 Sekunden dazu, was 3:16h ergab. Eigentlich erstaunlich was so ein paar Sekunden ausmachen.

Eine Woche vor dem 4. Lucerne Marathon stieg meine Nervosität, denn die Erwartungen waren gross und es ist jedem Marathonläufer klar, dass bei einem Rennen speziell über diese Distanz, alles möglich ist und es keine Zielgarantie gibt, man trainiere noch so viel. Mit der Publicity in den Medien für das Marathon-Brot wollte ich mein Wort halten und war natürlich auch ein bisschen unter Druck.

Die Schönste Freude ist die Vorfreude, und jene genoss ich in vollen Zügen, je mehr das Rennen nahte.

4. Lucerne Marathon, 31. Oktober 2010

Die Wetterprognosen waren anfangs Woche eher regnerisch, aber der Einzug des Föhns am Samstag versprach ein wundervoller Herbsttag. Der Blick aus dem Wohnzimmer aufs Startgelände ist vielversprechend:

Perfekt, meine Waage zeigt die erhofften 68 Kilo an. Elias, mein bald zweijährigen Sohn hilft mir beim obligaten Bananefrühstück, teilen ist angesagt.

Zu Fuss machen wir uns auf den Weg ins Startgelände. Genial diese Stimmung! Diesmal starte ich bei der 1.Gruppe um 09:00 Uhr im Gegensatz zum Vorjahr wo ich eher hinten anstand. Nach dem Startschuss zieht es mich förmlich mit und brauche jeweils für einen Kilometer zwischen 4min06sec bis 4min12sec. Ausgerechnet habe ich mir wie folgt: Bei einer durchschnittlichen Kilometerzeit von 4min 30sec (oder 13.33km/h), komme nach der Marathondistanz von 42.195 KM in 3:09:56h durchs Ziel. Somit bin ich einiges schneller unterwegs und fühle mich gut. Trotzdem bin ich mir das Tempo nicht gewohnt und siehe da:. Nach 5 Kilometer spüre ich im Rücken ein Stechen, als ob sich ein Nerv langsam zwischen zwei Knochen einnisten möchte. Bei KM 6, als das Stechen eher stärker zunimmt, wird mir langsam bewusst, dass dieses Signal ein Abbruch meines Rennens bedeuten kann. Ich vermute dies kommt durch die grösseren Schritte und Mehrbelastung im Tempo. Die erste Steigung steht an. Das Tempo wird automatisch leicht gedrosselt. Zum Glück nimmt der Schmerz ab und geht auf der Horwerinsel immer mehr zurück. Ich bin beruhigt.

Bei KM 12 wird es auf der Strasse der Horwerinsel plötzlich eng. Wo kommen nur all dies Läufer her? frage ich mich und bemerke auf der rechten Seite den Pacemaker mit seinen Anhängern. Seine blauen Ballons tragen die Aufschrift 3:00h. Ich lasse sie ruhig passieren und dachte: "Nicht meine Zeit!". Siehe Foto von Marc Jöhl, hinten die Ballone.

Nach der Allmend geht es auf der geraden Volatstrasse leicht abwärts und wir nähern uns wieder der Stadt Luzern. Es läuft fantastisch und ich kann meinen Vorsprung auf die Endzeit Zeit von 3:08h auf über einen Kilometer ausbauen, also ich habe im Moment gut 4-5 Minuten Vorsprung. Auf meiner Garmin Laufuhr habe ich einen virtuellen Laufpartner angelegt mit der Zielzeit und so wusste ich jederzeit genau wie gross der Vorsprung ist.

In der Haldenstrasse feuern Freunde und Familie richtig toll an und überreichen mir mein Lieblingsgetränk von Gatorade. Ich genehmige mir 1-2 Schlücke. Ansonsten muss ich mich auf Wasser beschränken, da die Nieren nach den Bananenstückli immer wieder ein bisschen reklamierten mit einem Stechen. Die super organisierten und sehr grosszügigen Verpflegungsposten sind verlockend, jedoch getraute ich mir keine Experimente mehr mit Gels, Riegel etc. Trinken ist Pflicht und mit Wasser mache ich nichts falsch.

Den Halbarathon bei KM 21 durchlaufe ich bei einer Zeit 1:30:27. Dies ist meine schnellste Halbmarathonzeit. Es läuft perfekt und zügig geht es jetzt auf die 2. Runde. Der grösste Teil der Läufer auf meiner Höhe laufen jetzt für das Halbamarathonziel ein und die Läuferdichte resp. Strecke leert sich stark. Die Kilometerzeit kann ich nach wie vor einiges unter den vorgenommenen 3min30sec. halten, was mir den Vorsprung auf meine Zielzeit eher ausbaut. Ganze 4 Minuten bin ich hier schneller unterwegs als noch im Vorjahr. Werde ich Sie ins Ziel bringen können? Mir ist bewusst, das ich letztes Jahr mein perfektes Rennen hatte und dies vor allem in der zweiten Hälfte. Letztes Jahr startete ich weiter hinten und konnte aufholen, was eigentlich mehr motiviert. Heute bin ich vorne dabei und jetzt gilt es den Vorsprung ins Ziel zu bringen.

Bei KM26 beginnt es, das leichte Stechen im rechten Oberschenkel. Als Reaktion übe ich leicht mehr Kraft auf dem linken Bein aus. Dies nützt, aber bei KM28 sticht das Linke bereits gleich stark. Dies zieht am Tempo. Bei Medicis an der "AVIA-Kurve" wieder der grosse Aufsteller. Viele Freunde feuern heftig an, was mir so richtig Aufschub gibt und nochmals eine tolle Kilometerzeit garantiert. Jedes Jahr ein grosser Augenblick der Freude. Vielen Dank für den super Support und die tolle Fotoserie von Marc Jöhl :-) Eine kleine Showeinlagen mit ein paar komischen Sprünge war Pflicht.

Kurz vor Horw beginnt das grosse "Ringen". Der berühmt gefürchtete "Hammermann", wie man es unter Marathonis nennt, ist da. Jetzt spielt alles im Kopf ab, der Körper möchte sofort anhalten. Es sind noch gut 40 Minuten bis ins Ziel. Einfach nicht daran denken. Abschalten, springen und und den inneren "Schweinehund" bekämpfen, wie man so schön sagt. Die härteste Zeit steht an. Jene, bei der man richtig leidet, aber die einem paradoxerweise im Ziel als am besten empfindet. Diese Momente machen den Marathon aus. Mir wir bewusst, dass ich für die leicht zu schnelle 1. Runde jetzt Busse tun muss. Spätestens jetzt ist mir auch bewusst, dass die Taktik vom Vorjahr besser war. Der Vorsprung schrumpf und schrumpft. Es wird eng. Ich rede mir jetzt immer ein, dass beim KKL das Rennen gelaufen ist, denn von hier an wird man von den Zuschauern förmlich ins Ziel "gejubelt" und "getragen". Das KKL ist sichtbar, juhuii.

Dies ist wahrlich so, aber trotzdem sind es noch gut 3 Kilometer. Mit zufriedenen 3:11:40h kann ich die Zielline mit einem SMILE durchlaufen, 12 Sekunden verlor ich schliesslich auf die Zeit vom Vorjahr. Egal, es war fantastisch! Die Zeit ist sekundär. Solche Rennen sind einfach Spass, Freude und Erlebnis pur. Es ist für mich wie ein Spiel mit viel Taktik.

Unmittelbar über der Zielline laufe Hansruedi Schorno (dem OK Präsent des Lucerne Marathons) in die Arme. Sein Sohn Reto schiesst das Foto. Auf dieses Foto bin ich besonders stolz. Speziell ihm, seinem grossartigem TEAM und all den tüchtigen Helfer verdanken wir dieses jährlich einmalige, sensationelle Ereignis. Ein grosse MERCI!

Falls du den ganzen Bericht bis hierhin gelesen hast, hoffe ich dich ein bisschen angesteckt zu haben und motiviert, dich jetzt für den 5. Lucerne Marathon 2011 anzumelden. Sichere dir deinen Startplatz!

Es liegt mir viel daran auch all meinen treuen Lauffreunden zu der super Leistung zu gratulieren und zu danken, für die viel bedeutende und tolle Freundschaft. Vor allem das Wiedersehen an einem solchen Anlass sind die Strapazen alleine schon wert und machen das Ereignis umso wertvoller. Ein herzliches Danke schön auch an meine Familie, Freunde und Mitarbeiter für den  Support und das tatkräftige Anfeuern.

Hasta luego!


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