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mit ausländischen Berufsleuten, die gleich nach dem Umzug
die neue Backstube besichtigten. Dabei hatten viele den Ein-
druck, das komme nicht gut, die Räume wären viel zu gross.
Durch die positive Entwicklung des Geschäftes wurden die
Räume jedoch bald mit neuen Arbeitstischen und Maschinen
belegt.»
Sie haben sogar Pralinés nach Amerika geliefert –
dazu gibt es sicher Spannendes zu erzählen.
R. B.:
«Durch einen Vermittler, Marcel Köpfli, kamen wir mit
der Nobelwarenhauskette ‹Neiman Marcus› in Amerika in
Verbindung. Wir hatten im Jahr 1985 einen Vertrag für die
Lieferung von acht Tonnen Pralinés pro Jahr. Für die Einfüh-
rung und Bekanntmachung reiste ich für zwei Wochen nach
Amerika. Wir spedierten mit der ersten Lieferung nach Dallas
zusätzlich Pralinérohlinge und Couverture mit. Ich habe dann
die Ausstellung unserer Pralinés in der Vitrine kontrolliert und
daneben Pralinés von Hand trempiert und als Versucherli gratis
an die Kunden abgegeben. Vielfach stand eine Schlange von
50 Personen an, um ein frisches Praliné kosten zu können. In
San Diego hatte es auch Kunden, welchen Luzern und sogar
unsere Firma bekannt war. In San Francisco hatte ‹Neiman
Marcus› an der Union Square ein neues Haus eröffnet. Da
besuchten am ersten Tag 60'000 Kunden das Geschäft, neue
Kunden wurden erst wieder hereingelassen, wenn genügend
aus dem Haus gingen. Vier stämmige Türwächter in Uniform
kontrollierten die Eingänge.
Zwei Jahre später kam im November die Meldung aus Dallas,
dass die Sendung von zwei Tonnen Pralinés geschmolzen sei,
die Lufthansa hatte kein Kühlhaus mehr. Wir mussten innert
zwei Wochen die Ware nachliefern. Das war für unseren
kleinen Handwerksbetrieb eine Überforderung. Dadurch
hatten wir in unseren eigenen Geschäften zu wenig Ware.
Auf die Entschädigung der geschmolzenen Pralinés durch
die Versicherung mussten wir fast ein Jahr warten. Durch die
handwerkliche Herstellung der Pralinés konnten wir auch die
exakte Produktegleichmässigkeit nicht einhalten, meistens
hatte die Sendung zu viel Gewicht. Da beschlossen wir,
diese Belieferung einzustellen und uns auf unsere eigenen
Verkaufsgeschäfte zu konzentrieren.»
Sie haben immer sehr grossen Einsatz erbracht, um
etwas Aussergewöhnliches auf die Beine zu stellen.
So haben Sie z. B. im Shopping Center Emmen die
grösste Geburtstagstorte der Welt aufgestellt. Dies
wurde sogar im Guinessbuch der Rekorde eingetragen.
Wie kam es dazu?
R. B.:
«Wir waren Mieter im Shopping Center Emmen mit
einem Verkaufsgeschäft mit Café. Der Direktor Josef Esterhazy
wünschte eine riesengrosse Geburtstagstorte zum 10. Ge-
burtstag des Centers im Jahr 1986. Wir offerierten eine Torte
mit 18 Etagen über alle drei Stockwerke. Die Torte wurde im
Center selbst während der Öffnungzeiten vor den Kunden
hergestellt und Etage um Etage mit zwei Hubstaplern
angehoben. Wir hatten einige Mühe, die Torte gleichmässig
anheben zu können, da die Stapler nicht synchron liefen. Vom
8. Stock an wurde die Situation immer schlimmer und wir
mussten immer vorsichtiger anheben. Plötzlich hatten wir
grosse Probleme, die Torte stand ganz schief. Unter riesigem
Aufwand und mit Vorsicht konnten wir einen Einsturz
vermeiden. Wichtig war, dass die Hygiene bei der Herstellung
vor den Kunden gewährleistet war. Das Center liess über
Nacht die Kühlung laufen und am nächsten Tag wurde die
Torte unter 12'000 Besuchern verteilt. Der Eintrag ins
Guinessbuch wurde uns bestätigt.
Ein Jahr später wollte die Centerleitung an Weihnachten ein
Lebkuchenhaus. Bedingung war, dass der Samichlaus vom
Center die Kinder im Lebkuchenhaus in Empfang nehmen
konnte. Das erforderte eine genaue Planung mit einer
Unterkonstruktion aus Holz, die wir mit Lebkuchen behängen
konnten. Das Lebkuchenhaus war acht Meter hoch, und
musste sichergestellt sein, dass die abgegebenen Lebkuchen
an die Kinder noch geniessbar waren. Die ganze Aktion
wurde durch Anwälte kontrolliert und bestätigt, sodass der
Eintrag ins Guinessbuch eingeschickt werden konnte.»
Ihre Filiale «Au Coeur Fou» war ebenfalls weit über
die Stadtgrenzen bekannt. Wie kam es zu dieser Idee
und was war die Motivation, ein solches Geschäft zu
betreiben?
R. B.:
«Das Pelzfachgeschäft ‹Wagner› an der Kapellgasse
hatte sein Geschäft geschlossen. Durch meine Bekanntschaft
mit dem Besitzer Fritz Wagner bekamen wir das Lokal zu
einer entgegenkommenden Miete. So beschlossen wir, dort
eine exklusive Confiserie einzurichten. Unsere Nachbarin
Anita Saner brachte die Idee für den Namen: ‹Au Coeur Fou›.
Und genau so musste auch das Angebot sein. Frau Saner
war die ideale Dekorateurin und Leiterin des Ateliers für
das ‹verrückte› Herz. Wir erhielten grossen Zuspruch und
die exklusiven Schaufenster wurden sehr beachtet, weil
wir immer auf Anlässe hin ein ganz spezielles Fenster mit
Geschenkartikeln dekorierten. Nach einigen Jahren wurde das
Haus inklusive der Innenräume renoviert. Der Geschäftsraum
war anschliessend doppelt so gross. Für die Miete hätten
wir einiges mehr aufwenden müssen. Daher mussten wir
leider auf eine Weiterführung dieses exklusiven Geschäftes
verzichten.»
Sie schafften es sogar, dass die gesamte Astronauten-
Crew der NASA mit Spritzglasur Autogramme schrie-
ben. Wie haben Sie das hinbekommen?
R. B.:
«Ein Besuch des Astronauten Claude Nicollier im
Verkehrshaus in Luzern war angesagt worden. Der damalige
Tourismusdirektor Kurt H. Illi kam zu mir und bat mich um